Zu Recht trägt diese stattliche Pflanze Ihren Namen, blüht sie doch erst abends auf und lässt die Blüten morgens beim ersten Sonnenschein verwelken.
Die Nachtkerze wächst auf Trockenrasen, auf sandigen Plätzen, in Steinbrüchen und auf Dämmen. Sie ist recht weit verbreitet, in ganz Europa beheimatet und findet sich noch in Höhen von über 1000 m.
Die fleischige, rötliche Wurzel aß man früher als Gemüse, sie wurde mit Essig und Öl angemacht oder in Fleischbrühe gekocht. Man maß ihr eine große Kraft bei, Kranke schnell wieder fit werden zu lassen.
In früheren Zeiten wurde der Nachtkerze keine große Heilwirkung zugeschrieben. Erst als 1919 entdeckt wurde, dass die Samen einen hohen Anteil an Gamma-Linolsäure enthalten (etwa 10 %), änderte sich das mit einem Schlag. Gamma-Linolensäure ist eine essentielle (lebensnotwendige) Fettsäure und verantwortlich für die Bildung von Prostaglandinen. Dieser Stoff ist für viele Organfunktionen wichtig, ein Mangel an Prostaglandinen, z. B. durch zu fettes Essen oder durch Alkoholmißbrauch, zeigt sich durch Nachlassen der körperlichen und geistigen Spannkraft. Die Gamma-Linolsäure bildet die Vorstufe zur Bildung von Prostaglandinen, die wiederum kontrollieren die Talgabsonderung auf der Haut, was wiederum für deren Geschmeidigkeit wichtig ist. Sie regulieren die weiblichen Sexualhormone und wirken gefäßerweiternd, ferner sind Prostaglandine für den Muskelaufbau notwendig. Ein Mangel an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, wie der Gamma-Linolsäure, zeigt sich in unter anderem in brüchigen Fingernägeln und Haaren, trockener Haut und Schuppen. Nachtkerzenöl empfiehlt sich daher zur allgemeinen Versorgung des Körpers mit essentiellen Fettsäuren, bei Alterserscheinungen und Schwächezuständen. Es aktiviert den Stoffwechsel, steigert die Leistungsfähigkeit und sorgt für allgemeines Wohlbefinden innerlich wie äußerlich. Nachtkerzenöl wird in Kapselform zum Einnehmen und auch als Hautöl, Reinigungsmilch und Creme zur Schönheitspflege angeboten. Gerade für Menschen mit empfindlicher oder trockener Haut empfehlen sich Produkte, die Nachtkerzenöl beinhalten, auch wenn sie im Vergleich zu anderen Cremes und Lotionen etwas teurer sind. Das liegt in der aufwendigen und zeitintensiven Herstellung des Nachkerzenöls (längeres Lagern in Öl und mehrmaliges Seihen).
War die Heilwirkung der Nachtkerze noch nicht bis Europa vorgedrungen, so nutzten die peruanischen Indianer und Chilenen schon früher die Wirkung der Roten Nachtkerze (Oenothera multicaulis) als wundheilendes Mittel bei Verletzungen und Prellungen sowie bei Magenverstimmungen und Nierenreizungen. Diese Pflanze wird dort chupa-sangre “Bluttrinker” genannt und gilt als ausgezeichnetes Heilmittel. Die mexikanischen Pima-Indianer nehmen die Nachtkerze bei Fieberanfällen und Leibschmerzen. Sie wurde auch bei Menstruationsbeschwerden und bei Unfruchtbarkeit verordnet.
Die Gemeine Nachtkerze kam erst 1640 von Amerika nach Europa und wurde zuerst nur als Zierpflanze gehalten. Weitere deutsche Namen waren Gelbe Nachtkerze, Garten-Rapunzel und Rapontik.