Rett-Syndrom
Das Rett-Syndrom ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung. Ursache dafür ist eine Enzephalopathie, die einem X-chromosomal dominanten Erbgang folgt. Die X-chromosomalen Mutationen kommen zum Zeitpunkt der Zeugung sowohl bei männlichen als auch bei weiblichen Embryonen vor. Bei männlichen Embryonen führen die Mutationen jedoch durch Hemizygotie fast immer zum intrauterinen Fruchttod. Aus diesem Grund werden nahezu ausschließlich Mädchen mit Rett-Syndrom beobachtet . Zum ersten Mal beschrieben wurde das Rett-Syndrom 1966 von dem Wiener Kinderarzt Andreas Rett . In Deutschlandwird die Häufigkeit auf 1:15.000 bis 1:10.000 geschätzt.
Die betroffenen Kinder entwickeln sich anfangs scheinbar regelgerecht. Zwischen dem siebten Lebensmonat und dem zweiten Lebensjahr verliert das Kind aber, nach einer variablen Phase eines Entwicklungsstillstands, zumindest teilweise bereits erlernte Fähigkeiten, insbesondere das Sprechen und den Gebrauch der Hand. Der Zustand der Kinder stabilisiert sich dann wieder und das Erreichen eines normalen Alters ist möglich. Menschen mit Rett-Syndrom zeigen typischerweise Symptome von Autismus und Störungen der Bewegungskoordination. Manche erkrankten Personen haben eine geistige Behinderung, viele sprechen einige Worte und befolgen einfache Aufforderungen. Weiterhin charakteristisch für das Rett-Syndrom sind epileptische Anfälle und Handstereotypien, die den Bewegungen beim Händewaschen ähneln.
Es handelt sich in etwa 80 bis 90 % der Fälle um dominante De-novo–Mutationen
Das Gen liegt in einer bestimmten chromosomalen Region. Durch die Veränderung der Chromosome wird der Cholesterinstoffwechsel
Mutationen in diesem Gen sind auch beim Lindsay-Burn-Syndrom
Ein früher beginnender, schwererer Krankheitsverlauf kann auch durch einen Defekt am Gen ausgelöst werden, das in einer Region liegt. Hier tritt in den ersten drei Monaten eine schwer zu behandelnde Epilepsie auf.
Rett entdeckte 1965 die typischen Handbewegungen, als zwei junge Mädchen im Wartezimmer seiner Praxis auf den Schößen ihrer Mütter saßen und diese die Hände ihrer Töchter zufällig gleichzeitig losließen. Diese Handstereotypien gelten heute als das typischste Kriterium für das Rett-Syndrom. Mit der Zeit kamen weitere diagnostische Hilfskri
Hauptkriterien sind:
- Auf eine anfänglich normale Entwicklungdes Kindes folgen zwischen dem 6. und dem 18. Monat zuerst ein Stillstand und dann eine deutliche Regression. Erworbene Fähigkeiten werden wieder verlernt, der normale Gebrauch der Hände geht verloren.
- Normaler Kopfumfang bei der Geburt. Verlangsamung des Schädelwachstums zwischen dem 5. Monat und dem 4. Lebensjahr.
- Die sprachliche Entwicklung tritt verzögert auf oder bleibt in einem frühen Stadium stecken. Oft fehlt die Sprache völlig.
- Stereotypien der Hände: waschende Bewegungen in Brusthöhe oder im Niveau des Mundes. Rhythmische Bewegungendes Oberkörpers.
- Hochgradige kognitive Behinderung, die tatsächliche Intelligenz ist nur schwer zu erfassen.
- Unsicherer, breitbeiniger Gang. Oft entwickelt sich die Fähigkeit, ohne Hilfe zu gehen, überhaupt nicht.
- Verdachtsdiagnose bis zu einem Alter von 2 bis 5 Jahren.
Zusätzlich werden eine Reihe von Hilfskriterien für das Rett-Syndrom aufgeführt, die manchmal auftreten, zur Diagnose aber nicht unbedingt notwendig sind:
- Unregelmäßigkeiten bei der Atmung
- EEG-Auffälligkeiten mit Verlangsamung der Hintergrundaktivität, epilepti
formen Mustern und Reduktion des REM-Schlafes - epileptische Anfälle
- schlechte Durchblutung der Extremitäten
- Zähneknirschen
- Skoliose
- verzögertes Wachstum
- erhöhter Muskeltonus vor allem bei älteren Menschen mit Rett-Syndrom
- Schlafstörungen
Hagberg und Witt-Engerström haben eine allgemeine Einteilung der Entwicklung von Menschen mit Rett-Syndrom erstellt, die weltweit anerkannt ist und sich in vier Stadien unterteilt. Die Angaben zu Zeitpunkt und Dauer der jeweiligen Phase werden in verschiedene Quellen äußerst unterschiedlich angegeben und stellen damit nur einen Richtwert dar.
- 1. Stadium: Stadium der Stagnation (6.–18. Lebensmonat)
In diesem Stadium verlangsamt sich die motorische Entwicklung und es kann zu einem Stillstand kommen. Die zuvor in der Entwicklung gemachten Fortschritte und das Erlernen von neuen Dingen stellen sich später und langsamer ein. Mit der Zeit nehmen die Aufmerksamkeit und Aktivität der Kinder ab. Das Kleinkind ist an dargebotenen Spielsachen desinteressiert, der Blickkontakt ist ebenfalls geringer als bei gleichaltrigen Babys. Die Zunahme des Kopfumfanges bleibt im Vergleich zur Normalentwicklung etwas zurück. Diese Phase kann einige Monate dauern.
- 2. Stadium: Phase der Regression (beginnt zwischen dem 1. und 3. Lebensjahr)
Charakteristisch ist eine allgemeine Regression der Entwicklung. Bereits erworbene Fähigkeiten gehen in dieser Phase verloren. Außerdem tauchen die typischen Handbewegungen auf. Der Rückschritt kann plötzlich und dramatisch einsetzen oder auch verzögert. Die betroffenen Kinder sind sozial und emotional in sich zurückgezogen, isoliert, können wenig Kontakt zu ihrer Umwelt aufnehmen und verfallen zudem in plötzlich auftretende Schreiphasen. Durch Beschreibungen der Kinder seitens ihrer Eltern nimmt man an, dass die Mädchen in diesem Stadium die Fähigkeit verlieren, Situationen als Ganzes zu erfassen, Reize in Beziehung zueinander zu setzen. Lindberg spricht in diesem Zusammenhang von Störungen der sensorischen Perzeption und Integration. Diese Störung führt teilweise zu der Fehldiagnose eines frühkindlichen Autismus. In dieser Phase kommt es außerdem zum Auftreten der ersten zerebralen Krampfanfälle . Die Dauer des 2. Stadiums wird durch mehrere Wochen und Monate beschrieben.
- 3. Stadium: Plateauphase (2.–10. Lebensjahr)
Nach der Phase rascher Regression durchlaufen Mädchen mit Rett-Syndrom nun eine Phase der relativen Ruhe. Es kommt zu einer Verminderung der autistischen Züge, ihr Verhalten verbessert sich durch eine geringere Reizbarkeit und sie weinen weniger. Sie beginnen sich wieder für ihre Umwelt zu interessieren, wobei Phasen der Aufmerksamkeit mit Phasen des „In-sich-zurückgezogen-Seins“ abwechseln. Die Fähigkeit zu kommunizieren verbessert sich. Daneben bleiben die schon bekannten Symptome wie Zähneknirschen, Handstereotypien und epileptische Anfälle erhalten. Zusätzlich kommt es verstärkt zu Apraxie und Ataxie. Anfälle treten in dieser Phase häufig auf und die Handstereotypien nehmen zu. Grobmotorische Fähigkeiten bleiben weitestgehend erhalten und verschlechtern sich nur langsam. Deutlich zeigt sich auch das unsicherere Gangbild.
- 4. Stadium: Phase der motorischen Verschlechterung (ca. ab dem 10. Lebensjahr)
In diesem Stadium öffnet sich das Kontaktverhalten noch weiter. Die Häufigkeit der Anfälle nimmt ab und die betroffenen Menschen mit Rett-Syndrom zeigen kognitive Fortschritte. Die Grobmotorik verschlechtert sich zusehends und Schwäche, Abmagerung, Skoliose und Spast