Umgang mit an Demenz erkrankten Menschen
Das Wichtigste im Umgang mit an Demenz Erkrankten ist Geduld. Durch Ungeduld seitens der Kontaktpersonen hat der Betroffene das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben – dies ist Ursache für Unzufriedenheit, Traurigkeit und Unwohlsein.
Wichtig ist ferner, sich darüber im Klaren zu sein, dass die Betroffenen aufgrund ihrer Gedächtnisstörungen nur bedingt lernfähig sind. Das Meiste, was ihnen gesagt wird, haben sie innerhalb weniger Minuten wieder vergessen. Mit an Demenz erkrankten Menschen ist daher nichts zuverlässig zu vereinbaren. Eine Konditionierung von Demenzkranken ist dennoch möglich. Wird ein Betroffener immer wieder an einen Platz an einem Tisch geführt und ihm erklärt, dies sei sein Platz, so ist es durchaus möglich, dass er sich diese Stelle in Zukunft selbst zum Sitzen aussucht. Auf die Frage: „Wo ist Ihr Platz?“ wird der Betroffene dennoch ausweichend antworten. Deswegen ist es sinnvoll, möglichst auf Fragen zu verzichten. Zur Kontrolle des Bewegungsspielraums können Weglaufschutzsysteme eingesetzt werden. Diese können ungewollte Folgen oder Gefahrensituationen vermeiden, wenn Angehörige oder in die Meldungskette eingebundene Personen rechtzeitig informiert werden.
Die Verständigung sollte dem jeweiligen Stadium der Demenz angemessen sein. Im leichten Stadium einer Demenz ist eine besondere Form der Kommunikation oft nicht notwendig, kann sogar eine Kränkung der Betroffenen darstellen, die sich in dieser Phase meist ihrer Defizite bewusst sind. Hilfreich ist es jedoch, auf übermäßige Nachfragen und Rechthaben zu verzichten, wenn ein vorübergehender Gedächtnisverlust bei dem von einer Demenz betroffenen Gesprächspartner offensichtlich ist.
Im mittelschweren Stadium einer Demenz sollte die Kommunikation von einer einfach strukturierten Sprache dominiert werden. Kurze Sätze ohne Nebensätze, klare, deutliche Formulierungen, der Verzicht auf Warum-Fragen sind einfache Regeln hierfür. Menschen mit Demenz in einem mittleren Stadium sind aufgrund der kognitiven Veränderungen in der Regel nicht mehr in der Lage, Fremdwörter und lange Sätze mit einem komplexen Satzbau zu verstehen. Jeder Satz sollte nur eine Information enthalten. Also nicht: „Steh auf und zieh dir den Mantel an“, sondern nur: „steh bitte auf“ und erst dann den nächsten Schritt. Meistens werden Sprichwörter und Redensarten besser verstanden als abstrakte Wendungen. Hilfreich ist es, sich Wendungen und Begriffe zu merken, die vom Demenzkranken verstanden wurden, um dann auf diese zurückzugreifen.
Ein Streitgespräch mit dem an Demenz erkrankten Menschen sollte unter allen Umständen vermieden werden, auch wenn er eindeutig im Unrecht ist; dies würde die Verwirrtheit und das unzufriedene „Gefühl“, das nach einem Streit bleibt (obgleich sich der Betroffene nicht mehr an den Streit selbst erinnern kann), verstärken. Für den demenzkranken Menschen ist der Streit deshalb sehr bedrohlich, weil er nicht auf die Erfahrung zurückgreifen kann, dass der Streit wieder vorbeigeht, denn Demenzkranke leben fast ausschließlich in der Gegenwart. Zukunft hat für sie keine Bedeutung. Im Idealfall ist der Betreuende in der Lage, sich in die Gedankenwelt des Menschen mit Demenz einzufühlen.
Zu beachten ist ferner, dass Menschen mit Demenz ihre Fähigkeit, die nonverbale Kommunikation anderer Menschen zu deuten, nicht verlieren. Begleiter sollten daher bewusst auf ihre eigene Gestik und Mimik und andere körpersprachliche Elemente achten. Ein unbewusst verzogenes Gesicht oder ein unbewusste abwehrende Geste kann von Menschen mit Demenz fälschlich als bedrohlich empfunden werden. Dies ist vor allem im Zusammenhang mit dem sogenannten herausfordernden Verhalten zu beachten: Ein von Pflegenden als aggressiv, also herausfordernd empfundenes Verhalten eines Menschen mit Demenz hat oft seine Ursache im Verhalten des Pflegenden oder der Umgebung, die vom Betroffenen als bedrohlich, gefährdend oder demütigendinterpretiert wurde.
Wenn eine Kommunikation über verbale Sprache kaum noch möglich ist, wird es umso wichtiger, die übrigen Sinne anzusprechen. Zugang kann über Schmecken, Riechen, Sehen, Hören, Tasten, Bewegung geschaffen werden, wie bekannte Volkslieder, bei denen die Betroffenen wahrlich aufblühen können. Allerdings ist zu beachten, dass sich einige Sinne verändern können. So spricht der Geschmackssinn vor allem auf süße Speisen an. Bei allen Reizen sollte darauf geachtet werden, nicht zu viele auf einmal einzusetzen. Eine Überlagerung verschiedener Sinneseindrücke kann bedrohlich wirken, da die verschiedenen Urheber nicht mehr getrennt und zugeordnet werden können. Ein Überangebot an Reizen führt damit eher zu Verwirrtheit als zu Stimulation. Es sollte also ein Gleichgewicht gefunden werden zwischen Überangebot und absoluter Reizarmut.
Die Umgebung sollte auf den Erkrankten angepasst werden. Solche Situation kann sein wie beim Aufwachen in einem Seniorenheim entsteht: Ein Mensch wacht auf in einem fremden Zimmer ohne vertraute Gegenstände; ein Mensch kommt herein, den er noch nie gesehen hat, und fängt – ohne zu fragen und vollkommen selbstverständlich – an, den Menschen zu waschen und anzukleiden. Die Pflegekraft sollte sich möglichst vorstellen und vorher in einfachen Sätzen erklären, was sie vorhat und auch weitere Handlungen kommentieren. Es zeigt sich, wie wichtig das Einstreuen vertrauter Gegenstände in die nähere Umgebung des Erkrankten ist, um dessen Verwirrtheit und daher aufkeimende Angst zu bekämpfen, denn vertraute Gegenstände, Geräusche usw. geben Sicherheit. Wichtig ist eine gute Beleuchtung, da Schatten häufig zu Verunsicherung führen, da sie nicht eingeordnet werden können. Weiterhin nimmt bei Demenzkranken das räumliche, dreidimensionale Sehvermögen ab. Deshalb werden farbliche Veränderungen des Bodens häufig als Schwellen interpretiert. Es gilt also, den Patienten angstfrei und möglichst orientiert zu halten, um mit ihm arbeiten zu können.